Die Haftfalle
Begegnungen im Gefängnis
Christine Hubka
Edition Steinbauer, ISBN: 978-3-902-49467-2
Rund 9000 Menschen in Österreich und 60 000 in Deutschland leben derzeit in einer Welt, die den meisten von uns völlig unbekannt ist. Gefängnisse beherbergen sowohl verurteilte Straftäter, als auch solche, die in Untersuchungshaft sitzen und womöglich nach Monaten oder gar erst nach Jahren als unschuldig wieder entlassen werden.
Seit mehreren Jahren besucht die evangelische Pfarrerin Christine Hubka Menschen in Haft. In ihrem Buch schildert sie anhand von Einzelschicksalen den Alltag in Haft und umreißt ihre Arbeit in kurzen Worten: Ich bin keine Juristin, keine Sozialarbeiterin, keine Psychologin. Ich spreche mit Menschen im Gefängnis. Nicht mehr und nicht weniger. […] Als Seelsorgerin höre ich Lebensgeschichten, die auch Tatgeschichten sein können. Aber nie steht die Tat isoliert für sich. Nicht in den Erzählungen. Nicht in der Wirklichkeit.
Das Leben in Haft ist geprägt von Bedingungen, die wohl die meisten von uns kaum ertragen würden: 23 Stunden am Tag im extrem beengten Raum, der mit mehreren anderen geteilt wird. Oft ohne Möglichkeit, einer Arbeit nachzugehen. Da helfen auch die bunten Bilder, die der Fernseher rund um die Uhr in die graue Zelle der Gefangenen liefert, nicht viel. Abendessen um 14.00 Uhr, eine Stunde Auslauf im engen Hof ohne Sonnenlicht. Das Ziel der Haft, die Resozialisierung des Täters und die Versöhnung mit der Gesellschaft, wird nachweislich – insbesondere durch lange Haftstrafen – unerreichbar.
Die Autorin verbindet ihre Berichte aus dem Leben in Haft mit den lyrischen Texten ihres Kollegen Markus Fellinger. Dort, wo die Reportage an ihre inhaltlichen Grenzen stößt, setzt die Stimme des Pfarrers und Dichters, etwa nach dem Selbstmord eines Häftlings, ein: sie arbeiten am leib / mit pumpen und schocks / beamte führen protokoll / um 17.52 abbruch / keiner weint / eine zelle wird frei / das kreuz / auf die stirn gezeichnet/die einzig zärtliche geste / dann gehe auch ich.
Hubkas kritischer Blick auf diese „Haftfalle“ zeigt kurz vor der für 2015 in Österreich geplan-ten großen Strafrechtsreform wunde Punkte in unserem Strafsystem auf und erinnert an die Verantwortung der Gesellschaft für ihre straffällig gewordenen Mitglieder.